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Theorie: Charaktererschaffung

Sie sind der Dreh- und Angelpunkt allen Rollenspiels, sie sind unser zweites Ich für die „flucht“ in eine andere Welt – mal der strahlende Held, mal der tragische Verlierer… Wir waren ein Krieger der Zwerge, ein menschlicher Rigger, ein heiliger Paladin, ein tulamidischer Gaukler oder einfach eine Ratte oder magische Katze.

All diese Charaktere können frei vom Spieler erschaffen, ausgewürfelt oder vom Spielleiter bzw. Abenteuer vorgegeben werden. Auch dutzende Abstufungen sind denkbar. Aber was sind die Vor- und Nachteile? Gibt es eine beste Variante? Wodrauf sollte man achten?

Frei Wahl oder Zufall

Beide Möglichkeiten haben ihr für und wieder und feste Anhänger die sie vertreten. Die Frage nach dem für- und wieder hängt mit der Spielerphilosophie zusammen. Ein vollkommen zufälliger Charakter kann im schlimmsten Fall den Vorstellungen des Spielers diametral gegenüber. Spielt man lieber einen sozialen Charakter und hat Pech bei Charisma, oder wäre man gerne ein Krieger aber es mangelt an Kraft und Konstitution, sind das starke Einschränkungen. Manche Spieler mögen gerade diese Herausforderung sich in einen völlig zufälligen Menschen hereinzuversetzen. – Auch die Vorstellung unseres Protagonisten spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Spieler die gerne in die Rolle von kompetenten Charakteren schlüpfen (min-maxen bzw. powergaming sind relevante Stichworte) haben häufiger Freude an dem berechnen und tunen ihres Charakters, da es sich ja um einen Helden handelt. Warum sollte ein Mensch/Elf/Zwerg/Ork/… mit (unter-)durchschnittlichen Werten als heroischer Protagonist gegen epische Bösewichter kämpfen? Aber auch daran kann man sein Spaß haben. Freunde von Cthulhu kennen das Gefühl als einfacher Mensch gegen einen übermächtigen Feind zu kämpfen.

Nur ein paar der dutzenden möglichen Charakterbögen.

Gerechtigkeit und Balancing

Viele Spieler wünschen sich eine gewisse Fairness und ein funktionierendes Balancing, auch im Hinblick auf die Charaktere. Werden Charaktere zufällig erstellt kann es durchaus vorkommen, dass ein Charakter doppelt so gut ist (die doppelten Attributs- bzw. Fertigkeitspunkte hat) wie ein anderer. Das scheint ungerecht und wird die weniger fähigen Spieler doppelt benachteiliegen – zum einen können sie kaum etwas / scheitern häufiger bei Proben, zum anderen werden sie durch genau diesen Umstand passiver und haben weniger Anteil am Spielgeschehen. Zwar ist der Elf in der Stadt oder der Zwerg auf Meer (falls er jemals auf ein Boot geht) weniger präsent, allerdings immer nur für eine Szene.

Man kann zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit differenzieren. Ansich ist diese Form der Charaktererschaffung dennoch gerecht, da alle Spieler die gleiche Chance auf gute/schlechte Würfe haben. Das führt unter Umständen aber eben zu den oben geschilderten Ungleichheiten. Gleichheit gäbe es nur nach dem klassichen Punkte-Schemata, wobei selbst das nicht zwangsweise stimmen muss. Bei einigen Systemen sind Intelligenz und Intuition ein Richtwert für Fertigkeitspunkte, was einen Professor oder Magier meist dennoch kompetenter macht als den Kneipenschläger.

Identifikation

Alles bisher geschriebene ist eine klare Frage nach persönlichen Vorlieben – man möchte möglichst ausgeglichene Charaktere oder hat Spaß an neuen Helden mit Ecken und Kanten,… All diese Überlegungen stehen aber hinter der Identifikation mit dem Charakter zurück. Sie ist es, die den Spielspaß am stärksten beeinflusst. Der mächtigste Charakter, die schönste Hintergrundgeschichte, das durchdachteste Konzept,… alles bröckelt und steht der Immersion sogar im Weg, wenn keine Identifikation stattfinden kann (aus welchen Gründen auch immer). Meiner Erfahrung nach passiert dies häufig, wenn man gezwungen ist einen Charakter zu spielen, den man nicht verkörpern kann. Ein einsilbiger Eigenbrötler (Alliteration nicht beabsichtigt) wird ein soziales Chamäleon vermutlich deutlich schlechter verkörpern als ein rethorisch versierter Philanthrop. [Ob man als soziales Chamäleon eher argumentieren muss oder würfel darf, darauf werde ich in einem späteren Beitrag eingehen]

Das Problem der Identifikation ist bei mir insbesondere bei vollkommen fremdbestimmten Charakteren (mit unbekanntem/sich für mich wiedersprechendem Hintergrund) gegeben. Vorgefertigte Charaktere können sehr sinnvoll und gerade bei Cons u.ä. unumgänglich sein. Gibt es eine hinreichende Auswahl kann es noch gut funktionieren (Shadowrun Anarchy hat beispielsweise 40! vorgefertigte Charaktere). Wird einem ein fester Charakter vorgesetzt, dessen Hintergrund man nicht kennt (z.B. bei unbekannten Spezies o.ä.) oder der sich (für einen selber) wiederspricht (Pazifist und Waffennarr) entsteht eine Kluft die man nicht darstellen kann. Das Rollenspiel reduziert sich zum reinen Würfeln auf Werte.

Fazit

Jeder Spieler und jede Gruppe muss selbst entscheiden, welchen Weg man bei der Charaktererschaffung geht, alle haben ihr für und wieder. Ich möchte aber durchaus dazu anregen, einige Varianten mal auszuproieren und sei es nur, um sich bestätigt zu fühlen. An dieser Stelle sei u.a. das Cthulhu Grundregelwerk genannt, das mit einer Reihe von Variationen aufwartet, die auch beim zufällig erschafften Charakter noch Spielräume für die persönlichen Vorlieben lässt.

Die gemeinsame Charaktererschaffung ist auch ein guter Einstieg in ein neues Setting. Die Hintergrundwelt kann bereits geklärt werden und die Gruppe kann als Einheit festlegen welche Kompetenzen wie vergeben werden. So klauen sich die Spieler auch später nicht das Rampenlicht im Spiel. – Fate hat darüber hinaus noch den Ansatz, dass man einige Chrakterrelevante Aspekte erst im Laufe des Spiels festlegen kann. So kann man den Charakter auch später, wenn man das System bzw. Setting etwas besser kennt, noch seinen persönlichen Vorlieben anpassen.

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